Diabetes

Die folgenden Seiten ersetzen keinesfalls die Teilnahme an einer qualifizierten ÜL-Ausbildung für Sport mit Diabetikern!
Sie sollen lediglich ein kleines Nachschlagewerk bzw. Erinnerungshilfe für ausgebildete Trainer sein oder als Vorabinfo dienen!(Mein Lehrgangsskript umfasst 90 Seiten und wird hier nicht komplett wiedergegeben)
Herausgeber: BVS Bayern e.V., Fachverband für Rehabilitations-Sport im BLSV, Klinikum Ingolstadt


Der Begriff „Diabetes“  bedeutet soviel wie Durchfluss. Er tauchte erstmalig in den Schriften eines griechischen Arztes
im 1. Jahrhundert n. Chr. auf. Als man den süssen Geschmack des Urins entdeckte gab man der Krankheit den Beinamen „mellitus“. 

 

Anzeichen für hohe Blutzucker-Werte:

 

 

Häufiges Wasserlassen, Harnflut
(da Blutzucker durch die Nierenschwelle ausgeschieden wird)

Durst
(Flüssigkeitsverlust durch Harndrang)

Müdigkeit, Mattigkeit, Antriebsarmut

Kraftlosigkeit, Lustlosigkeit

Sehstörungen

Juckreiz

Entzündungen der Haut

Schlecht heilende Wunden

Infektionen an den Geschlechtsorganen

Harnwegsinfekte

Erbrechen

Gewichtsverlust

Die für ein dynamisches Gleichgewicht (Homöostase) des Blutzuckers wichtigen Hormone sind:

                                  - Insulin
                                            
(blutzuckersenkend)

und als Gegenspieler

      - Glukagon/Adrenalin
        (blutzuckersteigernd/glykogenabbauend)

Nur durch ein feines Zusammenspiel dieser Hormone gelingt es, den Blutzucker trotz Nahrungsaufnahme und Hungerphasen konstant zu halten. Dieses ist für das Funktionieren des Gehirns, das weitgehend vom Zuckerstoffwechsel (Glukosemeta-bolismus) abhängig ist, unabdingbar.
Bei hochgradigem Absinken des Zuckerspiegels kommt es zur Unterzuckerung (Hypoglykämie). Der normale Blutzuckerwert  des Nichtdiabetikers liegt nüchtern zwischen 70 und 110 mg/dl, nach dem Essen ca. 130 mg/dl.

Andererseits sind erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) mit Schäden am Gefäßsystem und an wichtigen Organen verbunden.

 

Krankheiten infolge von Diabetes:

 

 

Augenhintergrunderkrankung (Retinopathie)
- Zucker lagert sich in den kleinen Blutgefäßen ab, diese
  werden brüchig und bluten, neue minderwertige Gefäße
  bilden sich, diese bluten noch stärker

Nierenerkrankungen (Nephropathie)
- Nierenfilterfunktion wird gestört

Koronare Herzkrankheiten

Schlaganfall

Diabetischer Fuss durch Nervenschädigungen
- verminderte Schmerzempfindung
- schlechte Wundheilung
- Durchblutungsstörungen
  (Druckstellen im Schuh können zu Wunden führen, Infektionen
  entstehen, diese tun aber nicht sehr weh, usw.)

Die Regulation des Blutzuckers erfolgt über einen Glukosesensor in der b-Zelle in der „Langerhans-Insel“ in der Bauchspeicheldrüse. Dieser reagiert auf Auslenkungen der Blutzucker-Konzentration mit Ausschüttung von Insulin
bzw. Glukagon/Adrenalin.

Mit Hilfe von Insulin lässt sich Glukose in die Zellen einschleusen. Insulin ist sozusagen der Schlüssel dafür!
(Vermittler zwischen Zelle und Zucker)
Mit Hilfe von Glukagon wird in der Leber gespeicherter Zucker in den Blutkreislauf freigegeben!

- Glukose wandert durch die Darmwände in die Blutäderchen
- geht weiter in die Muskelzellen (als Brennstoff für Energie)
- geht weiter in die Leber (wird dort als Glykogen gespeichert)
- geht weiter ins Fettgewebe

Sobald der Zucker in die Muskeln/Leber/Fettgewebe abtransportiert ist, sinkt der Blutzuckerspiegel wieder.
Die Bauchspeicheldrüse „merkt“ das und produziert weniger Insulin.

Bei Ausfall der Insulinproduktion kann der Zucker nicht mehr in die Zellen eingeschleust werden. Es kommt zu einem deutlichen Blutzuckeranstieg. Ein Teil des Zuckers wird über die Nieren ausgeschieden (Harnzuckernachweis), ein Teil an das Gewebe gebunden (Verzuckerung), Fettsäuren werden freigesetzt. Die daraus entstehenden Ketonkörper übersäuern das Blut.

Man unterscheidet hauptsächlich zwei Typen von Diabetes:

Typ-1-Diabetes
- entsteht durch b-Zellzerstörung (Destruktion)
- Insulinproduktion fällt vollständig aus
- Auslöser können z. B. Viren sein, die die b-Zellen entzünden. Ein allmähliches Nachlassen der Insulinproduktion,
  das über Jahrzehnte dauern kann, ist die Folge (Auto-Immun-Prozess)
- tritt meistens unter 40 Jahren auf
- Körpergewicht ist normal
- Therapie: Insulin

Typ-2-Diabetes
- die Entstehung ist meistens genetisch mit bedingt
- Insulinresistenz (eine gewisse Insulinmenge arbeitet nicht richtig)
- es ist eine deutlich erhöhte Insulinmenge erforderlich (die Bauchspeicheldrüse kann dieses normalerweise ausgleichen,
  da eine eigene Insulinproduktion noch möglich ist)
- tritt meistens bei über 40 Jahren auf
- Körpergewicht ist normal => Typ 2a
- Körpergewicht ist erhöht =
> Typ 2b
- Therapie:    · Abnehmen (Übergewicht stört die Insulinwirkung)
                   · regelmässige Bewegung (die Insulinempfindlichkeit kann deutlich verbessert werden)
                   · Ernährungsumstellung
                   · Medikamente, die die Insulinproduktion unterstützen


Fehlernährung und Bewegungsmangel fördern Typ-2-Diabetes

Übergewicht und Bewegungsmangel stören die Insulinwirkung am Muskel in empfindlichem Maße und können zu Insulinresistenz führen.
Zum Einschleusen des Traubenzuckers (Glukose) in die Zelle und für die Glukose-Verbrennung wird bei den Betroffenen
viel mehr Insulin benötigt, als bei schlanken Personen, die sich viel bewegen.
Im Laufe der Jahre gelingt es der Bauchspeicheldrüse nicht mehr, dauernd vermehrt Insulin auszuschütten.
Dies zeigt sich an erhöhten Blutzuckerwerten (anfangs nur leicht). Der Typ-2-Diabetes manifestiert sich.
Viele Betroffene haben zu diesem Zeitpunkt bereits zusätzlich einen erhöhten Blutdruck und Fettstoffwechselstörungen.
Man spricht vom so genannten metabolischen Syndrom.


Auswirkungen von Sport 

 

PHYSISCHE PROZESSE

 

 

 

 

Fett-Stoffwechsel:

Allgemein:

Herz/Kreislauf-System:

Stresshormone  k

Gewicht k

 

Insulinempfang  A

Appetit  k

Blutdruck k

HDL-Colesterin  A

Leistungsvermögen A

 

Triglyzeride  k

Befinden A

 

         

A
SPORT

w
     a
 

PSYCHISCHE PROZESSE:

 

SOZIALE PROZESSE:

 

 

 

- mehr Lebenszufriedenheit

 

- Geselligkeit

- stärkeres Gesundheitsbewußsein

 

- Kommunikation

Der Bewegung und dem Sport kommt beim Diabetes eine wichtige Rolle zu.
Frühzeitig damit begonnen, kann er dabei helfen, dass sich Diabetes nicht oder erst verzögert entwickelt.
Aber auch wenn der Stoffwechsel bereits gestört ist, zahlt sich Bewegung aus:
Der Energiebedarf steigt – die Muskeln benötigen mehr Traubenzucker - der Energieverbrauch der Muskeln lässt die Blutzuckerwerte sinken!

Deshalb müssen Patienten, die bestimmte Antidiabetika erhalten, beim Sport allerdings auch den Blutzuckerspiegel engmaschig kontrollieren (vor – während – danach). Dies gilt vor allem bei einer Insulinbehandlung, bei der evtl. die
Dosis reduziert oder durch Sport-BEs begegnet werden muss.

Faustregel: pro 30min. Aktivität mittlerer Intensität = 1 Zusatz BE essen

        langsame BE:                                        schnelle BE:
      Brot, Apfel, Banane, Schokolade                Saft, Traubenzucker, Rosinen, Cola

      (= wie schnell die KH aus dem Magen-Darm-Trakt in das Blut gehen - wenn Fett dabei ist, geht es immer langsamer)


Überlegungen vor dem Sport

- Art, Dauer, Intensität
- Trainingszustand
- Insulinwirkung
- wann letzte Mahlzeit
- aktueller Blutzuckerwert
- Azetontest
- genug BEs dabei?

Bewegung

BZ vor dem Training

Zusatz BE

 

 

 

leicht:

ca. 100 mg/dl

 

z.B. 1 Std.

(pp 160 mg/dl)

1 BE

gehen

 

 

radeln

über 150 mg/dl

 

kegeln

(pp  210 mg/dl)

0 BE

 

 

 

mittel bis stark:

ca. 100 mg/dl

 

z.B. 1 Std.

(pp 160 mg/dl)

2 – 4 BE

Tennis

 

 

Joggen

150 – 190 mg/dl

 

Fußball spielen

(pp 210 – 240 mg/dl)

1 – 2 BE

Schneeschippen

 

 

 

über 200 mg/dl

 

 

(pp über 250 mg/dl)

0 – 1 BE

 ! Noch Stunden nach der Bewegung besteht Unterzuckerungsgefahr!


Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Definition
:    BZ unter 50 mg/dl mit Symptomen
                   BZ unter 40 mg/dl ohne Symptome

Symptomeadrenerge (= das Stresshormon Adrenalin wird ausgeschüttet - diese Symptome kommen i.d.R. zuerst)
                   -         Tachykardie
                   -         Schweißausbrüche
                   -         Nervosität
                   -         Zittrigkeit
                   -         Angstgefühle
                   -         Heißhunger 

cerebrale (= vom Gehirn)
-         Konzentrationsstörungen
-         Sehstörungen
-         Reaktionsverzögerung
-         abnormales Verhalten (hysterisch, albern etc.)
-         Krampfanfälle
-         Bewusstseinsverlust

! Wenn jemand häufig einen niedrigen BZ hat kann es sein, dass adrenergene
  Symptome gar nicht auftreten (der Körper hat adaptiert)!

Bei Verdacht auf Unterzuckerung:       = zuerst essen – dann messen!
                                                        15 – 20 gr. Glucose
                                                        (z.B. 0,2 Ltr. Fruchtsaft oder 4 Täfelchen
                                                         Dextrose, danach noch 1 langsames BE)

Bei schwerer Hypoglykämie:               = wenn sich jemand nicht mehr selbst helfen kann: 
                                                         - Glukagon (Notfallspritze) spritzen
                                                         (senkrecht in Oberschenkel, PO oder Bauch)
                                                         - Arzt rufen                             


Erhöhter Blutzucker (Hyperglycämie)

Bei insulinabhängigen Diabetikern kann im Insulinmangel (Keton positiv) eine paradoxe BZ-Steigerung durch sportliche Betätigung hervorgerufen werden, da die Blutglucose nicht mehr in die Muskelzelle eingeschleust werden kann.
Bei BZ-Werten über 250 – 300
mg/dl und positivem Kentontest sollte deshalb kein Sport betrieben und zunächst Insulin (normal Insulin/lispro Insulin =  schnell wirkendes) gespritzt werden.
Insulin am besten in’s Unterhautfettgewebe spritzen (= Hautfalte bilden) – schräg einstechen, Falte loslassen, Nadel kurz drin lassen!


Ernährung

Die Ernährung eines Diabetikers sollte so aussehen wie die eines Gesunden: nämlich eine gesunde Mischkost.

50 – 60% Kohlehydrate

10 – 15% Eiweiß

30 – 35% Fett

Unsere Nahrungsmittel bestehen neben Wasser, Vitaminen und Mineralstoffen aus den drei Hauptnährstoffgruppen Eiweiß, Fett und Kohlehydrate.

Eiweiß ist lebensnotwendig für den Körper, er benötigt es u.a. zum Aufbau von Muskeln.
1 g Eiweiß enthält 4 Kcal.

Fett ist der größte Energielieferant.
1 g Fett enthält 9 Kcal.

Kohlehydrate liefern schnell verfügbare Energie.
1 g Kohlenhydrate hat 4 Kcal.
Nur kohlehydratreiche Nahrungsmittel lassen den BZ-Spiegel ansteigen!
Sie werden unterteilt in Zucker (= Traubenzucker, Haushaltszucker, Milchzucker, Malzzucker) und in Stärke (z.B. Brot, Reis, Nudeln, Kartoffeln, Mehl, Grieß).

Zuckerhaltige Nahrungsmittel bestehen aus einem oder zwei Bausteinen, die miteinander verbunden sind.
Stärkehaltige Nahrungsmittel bestehen aus einer langen Kette aneinandergereihter Bausteine. Diese müssen im Darm voneinander getrennt werden, denn nur wenn sie in ihrer einfachsten Form (als einzelner Baustein = Traubenzucker = Glucose) vorliegen, können sie vom Darm ins Blut übergehen und mit Hilfe von Insulin von den Körperzellen aufgenommen werden.

- Insulin wird nur für die Verstoffwechselung von Kohlehydraten benötigt!

- stärkehaltige Produkte sollten bevorzugt gegessen werden, da diese zu einem langsamen BZ-Anstieg führen

- zuckerhaltige Nahrungsmittel sollen gemieden werden, da diese zu einem schnellen und steilen BZ-Anstieg führen

- im Zusammenhang mit der Behandlung eines Unterzuckers ist es wichtig zu wissen, dass Fett den BZ-Anstieg verzögert, d.h. dass zuckerhaltige Nahrungsmittel in Verbindung mit Fett zur Behandlung eines Unterzuckers ungeeignet sind
(z.B. Schokolade, Pralinen, Kuchen, Butterbrot …)

- alkoholische Getränke sollten gemieden werden (1 g Alkohol hat 7 Kcal.) Bei reichlichem Alkoholgenuss besteht die Gefahr der Unterzuckerung, da die Leber keinen Zucker ausschütten kann, weil sie vom Alkohol blockiert wird. 

Vollkornbrot, Reis, Kartoffeln, Hartweizennudeln, Haferflocken, Hülsenfrüchte,

Gemüse und Salat sollten die Hauptbestandteile der Ernährung sein !

 

 
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